Sein Name ist unbekannt, sein Werk verschollen: Auf Spurensuche nach dem Heimatmaler Richard Muth

Mit Kokosfett und Schokolade wollte Richard Muth in seiner Freizeit nichts zu tun haben. Der Werbegrafiker und Maler, der seine letzten Jahre in Michendorf verbrachte, brauchte Abwechslung zur bunten Werbewelt. Ihn zog es in die Natur, unterm Arm sein Skizzenbuch. Mit wenigen Federstrichen hielt Muth fest, was sich vor seinem neugierigen Blick auftat, und schaffte ein Werk, das heute in Vergessenheit geraten ist.

„Er hat verlorene Schätze porträtiert“, sagt Rainer Paetau vom Verein für Wilhelmshorster Ortsgeschichte. Richard Muths skizzenartigen Ansichten aus den 20er-Jahren zeigen den damals neu erbauten Bahnhof in Wilhelmshorst, den heute mittlerweile ausgetrockneten Dorfpfuhl – damals war er noch ein Idyll. Auch das alte Spritzenhaus in Michendorf oder herrschaftliche Gutshäuser aus Langerwisch begeisterten Muth so sehr, dass er zu Feder oder Bleistift griff. „Er war kein Hagemeister, aber damals hatte er als Künstler in Mittelmark seine Bedeutung“, sagt Paetau. Er sei mehr als nur ein Heimatmaler gewesen, „aus seinen Bildern kann man erkennen, dass er das gelernt hatte“. Doch welche Kunsthochschule er besuchte, ist bis heute unbekannt.

Seit Monaten versucht Paetau mehr über das Leben und Werk des Künstlers herauszubekommen. Die Spurensuche ist schwierig: „In seiner Biografie gibt es noch viele Lücken.“ Auch Muths Werk sei verschollen, einen Nachlass gebe es nicht. „Der Mann ist weitestgehend unbekannt.“ Das soll sich Pateau zufolge nun ändern. In unzähligen Archiven hat er recherchiert, Museen kontaktiert, selbst mit den letzten Hinterbliebenen gesprochen. Jetzt weiß er, dass der heute vergessene Künstler 1868 geboren wurde, „und zwar hier in der Region“ – mehr Infos gibt es dazu nicht. Gestorben ist der Maler und Grafiker 1933. „Kurz nach der Jahrhundertwende muss er mit dem Malen angefangen haben“, schätzt Paetau. Neben Bleistift- und Federzeichnungen malte er auch Ölbilder und Aquarelle.

Um sich über Wasser halten zu können, zeichnete Muth Werbebilder für Sarotti und Stollwerk, auch der Kokosfetthersteller Palmin gehörte zu seinen Auftraggebern. Dazu machte er mit Ansichtskarten in den 20er-Jahren ein bisschen Geld. Die Motive aus der Heimat verkauften sich gut. Für Modehäuser bemalte er Seidentücher zum Dekorieren, in der Inflationszeit entwarf er Notgeld. Das zumindest hat der Nuthetaler Geschichtsverein herausgefunden.

Ungewöhnlich für einen Künstler: Muth mischte auch in der Kommunalpolitik mit. Er war Amtsvorsteher der Gemeinde Michendorf. „Das war ein Ehrenamt“, erklärt Paetau – heute vergleichbar mit dem Posten des Vorstehers der Gemeindevertretung.

Auf der Spurensuche ist der Historiker Paetau auch auf Werke gestoßen, die Muth in Italien gemalt hat. Für Paetau ein weiteres Indiz, dass Muth nicht nur ein einfacher Heimatmaler war: „In Italien war er auf den Spuren der großen Künstler.“ Und eine Berliner Kunstzeitschrift, in der er Beiträge publizierte, lässt erahnen, dass er in Berlin auch als Kunstlehrer arbeitete.

Doch sein Werk schlummert – wenn es nicht durch den Zweiten Weltkrieg zerstört wurde – in irgendwelchen Truhen auf mittelmärkischen Dachböden. Der Wilhelmshorster Geschichtsverein plant mit dem Michendorfer Heimatverein eine Ausstellung über Muth zum Ende des Jahres und sucht noch nach Bildern des Malers, die bisher im Privatbesitz sind. „Ich bin überzeugt, dass zwischen Potsdam und Bad Belzig noch Muth-Bilder zu finden sind“, so Paetau. Doch oftmals würden die Besitzer den Wert der Arbeiten nicht erkennen. Und so könnten Ansichtskarten von Muth wohl auch beim Entrümpeln auf dem Müll landen.

Eva Schmid, PNN

Hinweise zum Maler an die Freunde und Förder der Wilhelmshorster Ortsgeschichte unter Kontakt. Seine Zeichnungen werden ab 25. Oktober im Wilhelmshorster Gemeindezentrum gezeigt.