Die „Freunde und Förderer der Wilhelmshorster Ortsgeschichte e.V.“ eröffneten unlängst ihre Ausstellung zur Geschichte und Gegenwart von Zäunen, Toren und Gartenkunsthandwerk in überlieferten Bauplänen und Fotos. Die Einführung durch einen Lichtbildervortrag des Ortshistorikers und Kurators Dr. Rainer Paetau entfaltete die überraschende Breite und Vielfalt dieser Präsentation und machte auf bemerkenswerte Details aufmerksam,  die dem eiligen Zeitgenossen sonst leicht entgehen. Einige der Kernaussagen, die auch anhand der dargestellten Exponate belegt werden, seien kurz vorgestellt.

Gartentore und Zäune als Einfriedungen sind nicht zwingend notwendig. Oft handelt es sich lediglich um eine bloße Tradition, die andere Kulturgesellschaften gar nicht kennen. In einer naturnahen Waldsiedlung erfüllen Einfriedungen allerdings die wichtige Funktion, die Bewohner und ihre Gärten vor Wildtieren zu schützen. In unserer Region sind es weniger die „Kampfhunde“ des Nachbarn als vielmehr die zahlreichen Wildschweine, die – angezogen von Mülltonnen und Komposthaufen – bis vor die Haustür kommen.

Zäune, Tore und Gartenkunsthandwerk sind wie die Architekturen der Gebäude ein wichtiger Teil des Ortsbildes, tragen maßgeblich zur Attraktivität einer Siedlung bei. In einer Gartenstadt- und Landhauskolonie wie Wilhelmshorst wusste dies niemand besser zu beherzigen als der bekannte Berliner Architekt Professor Albert Gessner (1868-1953), der Wilhelmshorst-Süd – das Gebiet rund um den Irissee – seit 1911 „aus einem Guss“ plante und auch teilweise realisierte. Ihm ging es um eine einheitliche, ja ganzheitliche Gestaltung von privaten und öffentlichen Anlagen für den „künstlerisch empfindenden Menschen“. Entsprechend plante und realisierte er Gartenmauern, Zäune, Eingänge, Pergolen bis hin zu gartenkünstlerischen Anlagen. An Gessners dargestellten Beispielen lässt sich lehrbuchartig gut erkennen, wie sehr Zäune und Gartentore mit den architektonischen Elementen des Hauses einheitlich in Beziehung stehen, etwa was die Formen, Farben und Materialien betrifft. Zäune und Gartentore sind, bildlich gesprochen, die Visitenkarte des Eigentümers bzw. Bauherrn. Sie sagen gelegentlich etwas über die Finanzkraft des Besitzers, meistens jedoch sehr viel über seinen künstlerischen Geschmack. Denn auch für einfache und preiswerte Einfriedungen gilt die Grundfrage, ob und inwieweit sie mit dem (garten-) architektonischen Gesamt-Ensemble von Haus, Vorgarten und Nachbarschaft „korrespondieren“, ob in Harmonie, Disharmonie oder im gewollten Kontrast. Wie die alltägliche Erfahrung indes lehrt, lässt sich grundsätzlich über Kunst-Geschmack nicht streiten.

Plakat zur Ausstellung Zäune und Gartentore

Plakat zur Ausstellung Zäune und Gartentore


Da es für Wilhelmshorst keine kommunale Gestaltungssatzung gibt, ist die Vielzahl und Vielfalt der möglichen Zäune und Tore das ins Auge springende Merkmal. Um diesen Variantenreichtum exemplarisch in den Griff zu bekommen, sind die in Lichtbildern präsentierten Zäune und Tore in Gruppen eingeteilt: nach historischen Entstehungsphasen sowie nach Baumaterialien – Holz, Stein, Metall und deren Kombinationen, jeweils von der naturnahen, einfachen zur höherwertigen Ausführung.

Die Ausstellungsbilder sind entsprechend mit farbigen Fotokarton gegliedert, wobei die Gessner’schen Produkte als „Leitbild“ für Zäune und Gartentore gesondert herausgehoben sind. Zum leitenden Strukturprinzip der Ausstellung gehört die Gegenüberstellung von historischem Foto oder Bauplan mit dem

heutigen Aussehen der Zäune und Tore, soweit das nach Überlieferungslage überhaupt möglich ist. Oftmals sind die historischen Originale aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nur fragmentarisch erhalten; Torsi, die für eine heutige Konservierung und Rekonstruktion durchaus verwendet werden können. Zumindest können die historischen „Vorbilder“ als Muster dienen. Anhand der Fotos und Pläne aus dem letzten Jahrhundert wird jedenfalls das vergangene Flair deutlich. Dies gilt besonders für die von Gessner realisierten Straßen und öffentlichen Plätze am Irisgrund bzw. rund um den Irissee.

So wird verständlich, dass bei einigen Sehnsucht aufkommt … wie schön dieses „aus einem Guss“ geplante Ortsbild doch einmal war. Die bunte Realität sieht da manchmal grauer aus.

Die Ausstellung zur Kulturgeschichte des Gartenzauns im Wilhelmshorster Gemeindezentrum ist nicht nur eine kunsthandwerkliche Sehfreude, sondern bietet den Besuchern vielfältige Ideen und Anregungen für das eigene Werk.

Wolf-Dieter Rainiér

Quelle: Märkischer Bogen