100 Jahre alt und selbstbewusst: Wilhelmshorster feiern ihren Geburtstag
Michendorf · Wilhelmshorst – Die Sitzungen von gemeindlichen Gremien sind eher selten ein Publikumsmagnet. In Wilhelmshorst sah das am Donnerstagabend ganz anders aus: Zur gemeinsamen Sitzung von Ortsbeirat, Festkommittee und Organisationsstab nahmen hunderte Gäste auf den Stühlen im Festzelt An der Aue Platz. Mit Augenzwinkern verlieh die Ortsspitze der zentralen Feierstunde anlässlich des 100-jährigen Ortsjubiläums diesen offiziellen Rahmen.
Der „ordnungsgemäßen Ladung“, die Ortsbürgermeister Gerd Sommerlatte (UWG) als erstes feststellte, waren ehemalige Bürgermeister der Waldgemeinde, amtierende Oberhäupter der Nachbarkommunen, Vereine, Parteien und Ur-Wilhelmshorster gefolgt. Letztere kamen unter anderem sogar aus Kanada in den Kiefernforst gereist. Gemeinsam ließ man die vergangenen hundert Jahre Revue passieren – und schaute in eine große Zukunft. In Anbetracht des Bevölkerungswachstums nach der Wende auf knapp 3000 Einwohner und einem jungen Durchschnittsalter von 43 Jahren prophezeite Laudator Hans-Jochen Röhrig in Richtung des Potsdamer Bürgermeisters Burkhard Exner: „Irgendwann wird man fragen: Potsdam – wo ist das? Und dann wird es heißen: Das ist eine beschauliche Gemeinde nahe der Metropole Wilhelmshorst.“
Der Schauspieler am Hans Otto Theater und überzeugte Wilhelmshorster Röhrig zog sogar Vergleiche zum Alten Rom, „nur dass unser Romulus Wihelm Mühler hieß“. Und statt Sabinerinnen zu rauben – ihre Frauen hatten die Gründerväter ja dabei – machten sie dem Nachbarort Neu-Langerwisch Grund und Boden abspenstig. 1925 löste sich Wilhelmshorst von den Langerwischern und wurde selbstständig. So erntete der Ortsbürgermeister von Langerwisch, Wolfgang Kroll, tosenden Applaus für sein Geburtstagsgeschenk: Offiziell verkündete er, dass sein Ort auf Rückübertragungsansprüche verzichten werde.
Von anderen Michendorfer Ortsbürgermeistern gab es junge Kiefern im Topf, auf dass die Waldgemeinde nach dem Orkan Kyrill ihren Charakter behalte. Auch der andere Gründer der Waldgemeinde, Gustav Winkler, fand Erwähnung. Röhrig verwies auf die Gustav-Winkler-Straße in Caputh: „Es scheint, als hätten die Wilhelmshorster damals Caputh gefressen. Wie Michendorf uns heute.“
Der Geburtstag sorgt für eine Portion Selbstbewusstsein in Wilhelmshorst. Bauprojekte im Ort wie der Schulcampus oder mehrere Straßen wurden in Angriff genommen, auch eine Wilhelmshorster Hymne wurde geschrieben und fand am Donnerstag ihre Uraufführung. Eine neue Theatergruppe hat sich gefunden, ein Wilhelmshorster Rezeptbuch wurde veröffentlicht, heute soll sich ab 11 Uhr ein drei Kilometer langer Festzug durch die Straßen ziehen. „Es gibt nichts, was es bei uns nicht gibt“, so Hans-Jochen Röhrig.
Ortschronist Rainer Paetau präsentierte stolz das 400 Seiten starke Buch zur Ortsgeschichte, an dem 42 Autoren gearbeitet haben. Den „Dreipfünder“ übergab er an Bürgermeisterin Cornelia Jung und Vizelandrat Christian Stein (CDU). Der stimmte in den fröhlichen Glückwunschreigen ein und bemerkte ironisch: „Seien sie froh, dass es damals die Brandenburgische Bauordnung noch nicht gab.“ Häuser im Außenbereich seien mittlerweile schwer zu genehmigen.